Hintergrund:
Die Länder mit Anwendung des Personenfreizügigkeitsabkommens 883/2004 hatten im 2022/2023 eine Lösung gesucht, Mitarbeitenden mit Wohnsitz in einem anderen Land als dem normalen Arbeitsland, Telearbeit in einem grösseren Umfang zu gewähren als dies in der Grundverordnung vorgesehen war. Es wurde ein Rahmenabkommen zur Telearbeit verhandelt. Es steht den Ländern frei, dieses zu unterzeichnen.
Falls die weiteren Voraussetzungen zutreffen (Tätigkeit nur im Arbeitgeberstaat und Telearbeit im Wohnsitzstaat, keine weiteren Tätigkeiten), können Mitarbeitende mit Einverständnis des Arbeitgebenden bis weniger als 50% Telearbeit im Wohnsitzstaat leisten. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeberstaat und der Wohnsitzstaat das Rahmenabkommen unterzeichnet haben.
Für weitere Details verweise ich auf den folgenden Blog: https://www.zulaufgmbh.ch/update-sozialversicherungen-zu-telearbeit-im-anwendungsbereich-der-personenfreizuegigkeitsabkommen-ch-eu-und-ch-efta/ und https://www.zulaufgmbh.ch/aktualitaeten-zum-1-7-2023/
Nun hat Italien das Rahmenabkommen ebenfalls mit Wirkung ab 1.1.2024 unterzeichnet. Wie ist dies nun im Gesamtkontext für Arbeitgebende in der Schweiz mit Mitarbeitenden mit Wohnsitz Italien einzuordnen?
In den nachfolgenden Fällen gelten folgende Voraussetzungen:
- Nationalität Schweiz oder EU
- Gewöhnliche Tätigkeit in der Schweiz und regelmässige Telearbeit am Wohnsitz in Italien
- Keine gewöhnlichen Tätigkeiten in anderem EU-Land
- keine Geschäftsreisen ausserhalb der Schweiz und EU
Zudem ist eine leitende Tätigkeit oder Vertriebstätigkeit auszuschliessen, um die Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte der Schweizer Gesellschaft in Italien zu vermeiden.
Mitarbeitende mit Arbeitskanton irgendwo in der Schweiz und Wohnsitz in Italien ohne tägliche Rückkehr (internationale Wochenaufenthalter) respektiv keine steuerrechtliche Grenzgänger nach dem Grenzgängerabkommen 2020 in den Kantonen Graubünden, Tessin und Wallis
Die Gewährung von Telearbeit ist nun ab 1.1.2024 bis <50% aus Sicht der Sozialversicherungen möglich, ohne dass die Sozialversicherungsunterstellung nach Italien wechselt. Dies muss jedoch spätestens bis Ende Juni 2024 rückwirkend beantragt werden.
Bezüglich Antragsverfahren verweise ich auf folgenden Blog: https://www.zulaufgmbh.ch/wann-braucht-es-bei-telearbeit-ein-a1-und-wo-wird-dieses-beantragt-erlaeuterungen-zur-wvp-2024-und-mehr/
Die ausserhalb der Schweiz gearbeiteten Arbeitstage darf die Schweiz nicht besteuern (Ausscheidung von ausländischen Arbeitstagen im Quellensteuerverfahren).
Mitarbeitende mit Arbeitskanton Graubünden, Tessin oder Wallis, welche nach dem Grenzgängerabkommen 2020 zwischen der Schweiz und Italien als steuerrechtliche Grenzgänger gelten (alte und neue)
Die Situation in diesem Fall gestaltet sich anders. Gemäss Verständigungsvereinbarung zwischen der Schweiz und Italien dürfen echte steuerrechtliche Grenzgänger maximal 25% von zu Hause aus arbeiten, ohne dass sich bei der Besteuerung sowohl in der Schweiz als auch in Italien etwas ändert. Wird diese Grenze überschritten, werden diese zum unechten Grenzgänger und die Erläuterungen analog der Wochenaufenthalter weiter oben gelten für diesen Fall. Dies heisst zudem für die Unternehmung, dass sie z.B. beim echten neuen Grenzgänger vom Tarifcode R, S, T oder U auf den normalen Tarifcode A, B, C oder H wechseln muss.
Werden genau 25% gewährt, muss die Anwendbarkeit des Rahmenabkommens geprüft werden, ansonsten diese Personen in Italien zu versichern sind. Die Grenze ist bei 25% Tätigkeit im Wohnsitzstaat und mehr. Sind die Bedingungen des Rahmenabkommens nicht erfüllt, wird empfohlen, Telearbeit nur soweit zuzulassen als dass die Sozialversicherungsunterstellung in der Schweiz verbleiben kann. Dies hängt von der Gesamtsituation des einzelnen Mitarbeitenden ab (weitere Tätigkeiten, weitere Arbeitgeber, andere als Telearbeit in Italien, andere gewöhnliche Tätigkeiten in einem anderen Staat etc. ).
Sobald die Nationalität weder Schweiz noch EU ist, gelten im Bereich der Sozialversicherungen ganz andere Bestimmungen.
Ich wiederhole auf mehrfachem Wunsch das Seminar Grenzgänger Italien nochmals am 26.2.2024 und werde nebst den steuerlichen Bestimmungen auch kurz auf die Sozialversicherungsbestimmungen eingehen.
Die Thematik der Sozialversicherungsunterstellung nehme ich zudem in folgenden Seminaren auf:
Sozialversicherungen im internationalen Kontext für HR und Payroll am 6.3. und 8.3.2024 jeweils von 13.00 bis 16.30 Uhr – umfassende Übersicht
Telearbeit und Sozialversicherungen – Handlungsbedarf am 16.05.2024 von 16.00 bis 17.30 Uhr- Fokus Telearbeit
Telearbeit im In- und Ausland am 11.6. und 13.6.2024 jeweils von 8.30 – 12.00 Uhr
– Die Sozialversicherungen sind ein Teil der behandelten Themenbereiche
Link zu den Seminaren in Deutsch: https://www.zulaufgmbh.ch/veranstaltungen-workshops/